Varia: 'die Schöpfungsgeschichte der Geodasie'
Am Anfang schuf Gott Adam und Eva. Und
der Adam war wüst und leer und es war finster
in dem Kasten seines Gehirns und der Geist
der Dunkelheit schwebte fiber seinem Haupte.
Und es wollte niclit Liclit werden. Denn das
Chaos in dem Geliirn Adams war verworren,
und gut Ding will Weile haben. Und der Herr
sprach: "Es werde eine Feste in der Wirre der
Begriffe, und ihr Name sei Mathematik!". Und
es geschah also.
Da ward aus plus und minus der erste Tag.
Und die Erde lieb aufgehen gerade und krum-
me Linien und Kreise und Ellipsen und Para-
beln, sowie Kurven höherer Ordnung mit und
oline singulare Punkte.
Da ward aus gerade und krunun der zweite
Tag.
Und es keimten liervor überall Buchstaben mit
und ohne Index und runde Klammern, eckige
Klammern sowie geschweifte Klammern. Und
der Herr segnete sie und sprach: "Seid frucht-
bar und mehret Euch!"
Da ward aus gleich und ungleich der dritte Tag.
Und es wuclisen hervor die Koordinaten-
systeme polarer und orthogonaler Unordnung.
Und daraus schlangelten sich hervor die Loga-
rithmen und die trigonometrischen Funktio-
nen, und die Logarithmen marschierten auf in
langen Reihen voll transzendenter Beschau-
liclikeit.
Da ward aus Sinus und Cosinus der vierte Tag.
Und der Herr sprach: »Ich mache euch dem
Adam untertan, auf dab er seine Kurzweil mit
euch habe.« Und er nannte sie die kleinsten
Quadrate.
Da ward aus dem gröbten und dem kleinsten
der kleinsten Quadrate der fünfte Tag.
Am fünften Tag aber erhob sich ein gewaltiges
Erdbeben, von einer solclien Starke, dab sich
die wohlgeformte Erde verbog, erst zu einer
Kugel, dann zu einem Ellipsoiden und schlieb-
lich zu einer undefinierbaren Flache und Ord
nung, und die nannte man Geoid. Und die Ver-
wirrung kannte keine Grenzen.
Da ward aus unten und oben der sechste Tag.
Und der Herr sprach: »Lasset uns Ordnung
schaffen, auf dab die Erde vermessen werde.«
Und die Taler füllten sich mit Wasser, genau
bis Normal-Null. Höhenbolzen sprossen em-
por, und die Dreiecksnetze erster bis vierter
Ordnung überspannten die Berge. Und der
Herr sprach zu Adam: »Du solist vermessen
die ganze Erde. Und sieh, icli gebe in Deine
Hande das ganze mathematische Paradies. Du
darfst multiplizieren, dividieren, potenzieren
und radizieren mit all den Zahlen, die darin
sind. Aber durch die Zalil Null darfst Du nicht
dividieren, denn sie ist ein Gescliöpf des Für-
sten der Finsternis!«
Aber die Schlange war listiger als alle Tiere
und sprach zu Eva: »Sie ist mitnichten ein Ge
scliöpf des Fürsten der Finsternis, sondern wer
durch die Zahl Null dividiert wird unterschei-
den lernen, was Recht und was Falsch ist.«
Und das Weib schaute an, dab durch die Zahl
Null gut zu dividieren ware, und sie sagte zu
ihrem Manne: »Dividiere doch, siehst Du
nicht, dab die Gleichung viel einfacher wird?«
Und Adam fabte sich ein Herz und dividierte
durch Null, und die Augen gingen ihm auf,
und er sah Eva. und sie wurden gewahr, dab
sie nackt waren. Da nahmen sie sich einige
abwickelbare Flachen fünfter Ordnung und
machten sich Schfirz.cn daraus.
Und der Herr sprach zu Adam: »Du hast mein
Gebot übertreten. Darum eliminiere icli Dicli
aus dem mathematischen Paradies. Verflucht
sei Deine Arbeit! Dein Leben lang solist Du
die Erde vermessen, von Flensburg bis Mün-
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