Aufbau und Nachfülirung eines
Leitungskatasters für grossere Stadie
J. Friedli (CH)
Zusammenfassung
Über den genauen Verlauf unterirdischer Lei-
tungen machte man sich friiher und vieler-
orts auch heute noch keine grossen Sorgen.
Man hat sich nahezu daran gewöhnt, dass
standig irgendwo im Stadtgebiet auf öffentlichen
Strassen und Pliitzen Grabarbeiten im Gange
sind. Unter dem öffentlichen Boden sieht es
kompliziert und verwirrend aus. Wahrend friiher
Gebrauchswasser- und Abwasserstrange die ein-
zigen unterirdischen Anlagen waren, haben wir
heute davon einen ganzen Katalog, und es ist
das Bestreben der Politiker und Bauunterneh-
mer, speziell aber der Vermessungsfachleute,
diesen Katalog zu ordnen.
In Ausfiihrung eines Stadtratsbeschlusses be-
gann das Vermessungsamt der Stadt Bern
(160 000 Einwohner) im Jahre 1955 mit der
Vermessung und Kartierung aller unterirdisch
verlegten Leitungen. Als Grundlage für die
Blatteinteilung der Leitungsplane im Massstab
1 200 waren von 1955 - 1968 die Strassenzüge
und Platze massgebend (Strassensystem). Für
Feldmessung und Kartierung wurde folgende
Methode angewandt: In den frühen Morgen-
stunden des Hochsommers wurden samtliche
im aufzunehmenden Gebiet ersichtlichen Lei-
tungselemente eingemessen. Bei der Kartierung
im Büro dienten diese genauen Feldmessungen
zur Erganzung der oft mangelhaften Werklei-
tungsplane.
Ende 1968 bestand das Planinventar aus 300
vollendeten Leitungspliinen, die 23% der über-
bauten Gemeindeflache darstellen.
Es waren hauptsachlich folgende Gründe, wel-
che das Vermessungsamt im Jahre 1969 veran-
lassten, seinen umfangreichen Leitungskataster
von Grund auf neu zu konzipieren: das kompli-
zierte, aus der historischen Strassenstruktur er-
wachsene System der Blatteinteilung und damit
auch eine unökonomische Lagerung dieser
standig wachsenden Plansammlung.
Die alte Blatteinteilung wurde aufgegeben zu-
gunsten eines Rastersystems. Aus dieser tech-
nisch-zeichnerischen Straffung des Planbildes
ergab sich eine bessere Nutzung des verfügbaren
Platzes. Der graphischen Darstellung des Lei-
tungsschemas wurde spezielle Aufmerksamkeit
geschenkt, ist es doch möglich, von den Origi-
nalplanen Schwarzweisskopien herzustellen, die
ohne nachtragliche Farbdifferenzierung für den
Fachmann wie den Laien lesbar sind. In seiner
Form dürfte ein solches Katasterwerk eines
stadtinternen Leitungsnetzes mit zum allgemei-
nen Planungs- und Unterlageninstrumentarium
einer heutigen Stadt gehören.
I. Einleitung
Man hat sich nahezu daran gewöhnt, dass
standig irgendwo im Stadtgebiet auf öffentlichen
Strassen und Pliitzen Grabarbeiten im Gange
sind. Bauarbeiter reissen mit Pickel und Schau-
fel oder oft sogar mit grossen Baumaschinen
immer wieder neue Graben auf. Im öffentlichen
Boden sind bereits eine verwirrende Fülle von
Leitungen aller Art verlegt und jedes Jahr kom
men neue dazu. Aus Unachtsamkeit und Un-
wissenheit kommt es immer wieder vor, dass bei
Grabarbeiten Leitungen beschadigt werden. In
einigen Fallen hatten solche Betriebsunfiille gra-
vierende Auswirkungen: Starkstromleitungen
wurden beispielsweise beschadigt und Arbeiter
vom Strom tödlich verletzt, oder ein ganzes
Quartier war wahrend Lingerer Zeit von der
Gas- und Wasserversorgung abgeschnitten.
Der Mangel einer zentralen Stelle, an der die
genaue Lage siimtlicher im öffentlichen Boden
verlegten Leitungen und anderer Anlagen wie
z. B. Erdankerspriessungen zu erfahren
ware, machte sich in der letzten Zeit nicht nur
in Stiidten, sondern auch in grosseren Vororts-
gemeinden unliebsam bemerkbar. Das Bedürf-
nis zur Einführung eines einheitlichen, nach
vermessungstechnischen Regeln erstellten Ver-
zeichnisses samtlicher Leitungen auch Katas-
ter genannt zeigte sich naturgemass vorerst
in der Praxis: bei den Baufachleuten der ver-
schiedenen Verwaltungszweige (Elektrizitats-
werk, Gas- und Wasserversorgung, Telefondi-
rektion usw.), aber auch bei den privaten
Architekten und Ingenieuren, bei der Feuer-
wehr und der Verkehrsplanung und in letzter
Zeit auch bei den Zivilschutzstellen.
In unterschiedlicher Tiefe befinden sich im
18