3. 5. Genauigkeit
Die innere Genauigkeit der Formlinien ist aus-
serordentlich hoch. Sie übertrifft die Genauig
keit, mit der terrestrische Vergleichsmessungen
möglich sind (3). Die aufiere Genauigkeit ist
naturgemafi geringer, da die Wasseroberflache
keine Ebene darstellt, sondern unter dem Ein-
fluB des Windes und des Gezeitenstromes aus-
serst unregelmafiig geformt sein kann.
Die Form des Wasserspiegels lafit sich mit einer
wirtschaftlichen Zahl von Pegeln nicht in alien
Einzelheiten erfassen, so dafi man sich in der
Regel darauf beschranken wird, nur das Haupt-
Spiegelgefalle zu beriicksichtigen (vgl. Bild 11).
Um systematische Höhenfehler weitgehend aus-
zuschalten, empfiehlt es sich, zusatzlich zu den
erwahnten Pegelbeobachtungen die Höhen ein-
zelner nicht signalisierter Höhenpafipunkte her-
anzuziehen. Diese fallen bei der stets erforder-
lichen Einwagung der speziell für den Bildflug
gesetzten Pegel nebenbei mit ab, wenn langs des
Nivellementsweges einzelne Wechselpunkte
auch der Lage nach bestimmt werden. Das kann
auf einfachste Weise mittels eines mit einem
Sextanten gemessenen Riickwartseinschnittes
erfolgen.
D. Grothenn (3) leitet die so erreichbare aufiere
Genauigkeit einer aus Formlinien interpolierten
Höhenlinie im Kartenmafistab 1:5000 zu.
m,, y 0,0016 -f- 9 tan2 a (Meter)
ab Gelandeneigung). Im flachen Watt mit
einer durchschnittlichen Neigung von 0,1%
entspricht das einem mittleren Höhenfehler von
4 cm.
In dem Versuchsgebiet Eidermiindung (vgl. Ab-
schnitt 3.1), dem auch die Bilder 11 und 12
entnommen sind, ergibt sich für das mittels des
Wasserlinienverfahrens konstruierte Höhenlini-
enbild ein mittlerer Höhenfehler von 7 cm.
Dieser Wert wurde aus dem Vergleich der ni-
vellitisch bestimmten Höhen von 59 nicht sig-
nalisierten Vergleichspunkten mit ihren aus dem
Höhenlinienbild interpolierten Höhen ermittelt.
Bei der Konstruktion der Höhenlinien waren
lediglich die Pegelbeobachtungen, nicht aber
zusatzliche Höhenpafipunkte benutzt worden.
Die Gelandeneigung in dem untersuchten
Gebiet betrug 0,1 bis 4%.
Für die Verwendung der Wattkarten zur Er-
mittlung von Massenbewegungen im Watt ist
es von Interesse, die Flachen zu untersuchen,
die von den einzelnen Höhenlinien umschlossen
werden. Ein Vergleich der terrestrisch und pho-
togrammetrisch erstellten Höhenlinienbilder er-
gab Abweichungen von durchschnittlich 4%.
Auf Grund früherer Erfahrungen (3) ist es
durchaus zweifelhaft, wie weit die angeführten
Differenzen zu Lasten der photogrammetri-
schen Aufnahme gehen, da auch eine nivelliti-
sche Gelandeaufnahme nicht fehlerfrei sein
kann und die Konstruktion von Höhenlinien
gerade bei einer punktweisen Aufnahme in fla-
chem Gelande auGerst unsicher ist. Infolge des
Zeitunterschiedes zwischen dem Bildflug und
der nivellitischen Vergleichsaufnahme, der bis
zu zwei Monaten betrug, ist es aufierdem wahr-
scheinlich, dafi ein Teil der hier als Fehler des
photogrammetrischen Aufnahmeverfahrens be-
handelten Abweichungen auf tatsachliche Ver-
cinderungen des Watts zurückzuführen ist.
Die bisherigen Erfahrungen erlauben es, das
Wasserlinienverfahren als ein wirtschaftliches
und genügend genaues Aufnahmeverfahren für
die Herstellung topographischer Wattkarten in
den Mafistaben 1:5000 und kleiner anzusehen,
das geeignet ist, die Feldarbeitszeit wesentlich
herabzusetzen.
Weitere Erkenntnisse über die Fehlerquellen
des Verfahrens sind von unmittelbar bevorste-
henden neuen Versuchen zu erwarten. Dabei
sollen u.a. zwei Luftbildkammern synchron
ausgelöst werden, um AufschluB über die mefi-
technisch wirksamen Unterschiede in der Dar-
stellung der Wasserlinie auf Infrarot- und Pan-
Material zu erhalten.
Zusammenfassung.
301
Es wird über Versuche berichtet, Höhenaufnahmen
im Wattenmeer photogrammetrisch durchzuf'ühren.
Die stereoskopische Höhenauswertung erbrachte un-
befriedigende Ergebnisse, da selbst geiibte Auswerter
in dem flachen Gelande von den oft auBergewöhn-
lichen Beleuchtungsverhaltnissen getiiuscht werden.
Dagegen wurde in dem "Wasserlinienverfahren" ein
neues photogrammetrisches Aufnahmeverfahren er-
probt, das eine betrachtliche Genauigkeitssteigerung
zulafit: Aus Serien von Luftbild-Entzerrungen, die
das Watt in verschiedenen Phasen einer Tide darstel
len, wird ein Formlinienbild des Gelandes gewonnen,
das mit Hilfe von wahrend des Bildfluges durch-
geführten Pegelbeobachtungen in ein Höhenlinienbild
überführt werden kann.
Das Verfahren wird beschrieben, es werden Erfahrun
gen über den zweckmaBigsten BildmaBstab, die Art
der PaBpunktsignalisierung, das Filmmaterial und die
erreichte Genauigkeit mitgeteilt.
Schrifttum
(1) Dolezal, R.: Grundkarten der Wattaufnahme an der Westküste Schleswig-Holsteins. AVN 1952.
(2) Buhse, H. J.: Zur Technik der Wattvermessung. Jahresbericht 1955 der Forschungsstelle Norderney.
(3) Grothenn, D.: Untersuchungen zur Wattvermessung (Diss. TH Hannover); Niedersachsisches Landesver-
waltungsamt Landesvermessung, Hannover, 1964.
(4) Förstner, R.: Die photogrammetrische Vermessung der Watten. Ein Versuch im Gebiet von Norderney.
Veröff. D. G. K. Reihe B, Nr. 108, München 1964.