RECHT EN ADMINISTRATIE
Dr. H. HARRY
Sachenrechtiiche Grundlagen der schweizerischen
Grundbuchvermessung
Eidgen. Vermessungsdirektor, Bern
Vortrag, gehalten am n. Juni 1953 vor der Nederlandse
Landmeetkundige Federatie in Wageningen.
Der Vermessungsfachmann tut gut, sich immer wieder Rechenschaft
zu geben über die Natur und den Zweck der Grundstückvermessung,
an der er arbeitet, denn der Hauptzweck des Werkes bestimmt bis in
viele vermessungstechnische Einzelheiten hinein die Ausführung und
die Organisation der Ausführung.
Die wohl auch heute noch verbreitetste Art der Grundstückvermes-
sungen sind die Finanz- oder Steuerkataster, die vom Staat von Alters
her angelegt wurden zum Zweck einer geregelten Erhebung der
Grundsteuern. Das Merkmal dieser Steuerkataster ist, dass bei der
Ausscheidung der Parzellen auf die Kulturart, auf die wirtschaftliche
Selbstandigkeit, abgestellt wird. Haus, Hof, Garten, Wiese und Acker
werden als verschiedene Parzellen behandelt, obwohl sie dem gleichen
Eigentümer gehören und mit den gleichen dinglichen Rechten be-
haftet sind. Das Hauptinteresse ist auf die Flache gerichtet, die im
direkten Zusammenhang zum steuerlichen Wert der Parzellen steht.
An die vermessungstechnische Genauigkeit werden keine hohen An-
forderungen gestellt, da ja bei der Feststellung der Grundstückswerte
die Ungenauigkeit der Schatzung der Bodenwerte im vollen Mass mit-
spielt und die Vermessungsgenauigkeit überschattet.
Dann gibt es auch Vermessungen und Grundstücksplane, in denen
immer diej enige Bodenflache als Parzelle erscheint, die ein und dem-
selben Grundeigentümer gehort. Hat ein Grundeigentümer nach und
nach einzelne Bodenstücke zusammengekauft, ohne die darauf haf
tenden Pfandrechte oder Servitute abzulösen, so ist wohl nach dem
Eigentum eine einheitliche Parzelle, ein Grundstück, entstanden. Den
Pfandglaubiger aber beispielsweise interessiert nur derjenige Teil des
Grundstücks, der als Pfand für seine Forderung eingesetzt ist und
der gegebenenfalls für sich verwertet werden muss. Man sieht, dass
in einem solchen Eigentumskataster Bodenstücke mit ganz verschie-
aenem rechtlichem Schicksal zu einem Grundstück vereinigt sein kön-
nen. Ein solcher Eigentumskataster ware nicht geeignet, der Rechts-
sicherheit im Immobilienverkehr und der Klarheit im Immobilien-
kredit zu dienen.
Diese Zahlen beziehen sich auf die Literaturhinweise.