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Diese Überlegungen führen zum Rechtskataster, der jeder Art von
Rechtsverkehr mit und an Grundstücken und mit Pfandrechten dient.
Man erkennt aus den bisherigen Ausführungen, dass in einem Rechts
kataster derjenige Teil der Bodenflache als Parzelle in den Plan und
das Register aufzunehmen ist, der als in sich abgeschlossenes Ganzes
Gegenstand dinglicher Rechte ist. Der einheitliche rechtliche Tatbestand
und das gleiche rechtliche Geschchen bestimmen somit das Grund-
stück. Hierin liegt der Grund, dass mancherorts, auch in der Schweiz,
die meisten alteren Vermessungen dem Grundbuch nicht oder erst
nach vollzogener Umarbeitung dienstbar gemacht werden können
die alten Vermessungen beruhen als Steuerkataster auf einem andern
Parzellenbegriff.
Die schweizerische Grundbuchvermessung ist ein solcher Rechts
kataster. Sie fiihrt kein Eigenleben, vielmehr sind die Grundstücks-
plane oder Grundbuchplane Bestandteile des Grundbuches (ZGB 942).
Das einheitliche schweizerische Grundbuch und damit auch die Grund
buchvermessung wurden mit der Annahme des Schweizerischen Zivil-
gesetzbuches (ZGB) durch das Volk auf den 1. Januar 1912 einge-
fiihrt, nachdem in einigen Kantonen gute Erfahrungen mit diesem
Instrument für den Rechtsverkehr an Grundstücken gemacht worden
waren. In der Grundbuchvermessung sind ein Gebiet der Rechtskunde
und eines der Technik zum Zusammenwirken bestimmt. Die Verbin-
dung der beiden Wissens- und Schaf fensgebiete ist selbstverstandlich
auch für die Ausbildung der schweizerischen Grundbuchgeometer
massgebend. Die Regeln, nach denen die Grundbuchvermessung aus-
zuführen ist, ergeben sich aus den grundlegenden Begriffen über das
Grundeigentum und das Grundbuch.
Allen Privatrechtsordnungen ist die Erscheinung gemeinsam, dass
bewegliche Sachen (Fahrnis) und unbewegliche Sachen (Grundstücke)
rechtlich verschieden behandelt werden. Es sind verschiedene Grande,
die den Grundstücken ihre Sonderstellung im Privatrecht verschafft
haben. Von den Gründen, die auch wichtige Schlüsse über die Auf-
gabe der Grundbuchvermessung ziehen lassen, seien folgende auf-
geführt:
1. Wahrend die beweglichen Sachen natürliche Grenzen haben, be-
darf das Grundstück als Teil der Bodenoberflache zu seiner Ent-
stehung der künstlichen Abgrenzung. Bevor die Grenzen gezogen und
durch Zeichen im Gelande sichtbar gemacht sind, fehlt es an einer
Sache für den Rechtsverkehr. Dabei kann entweder nur auf die am
Erdboden selbst angebrachten Grenzzeichen oder auf die Abgrenzung
abgestellt werden, die auf den auf kunstgerechter Vermessung be-
ruhenden Planen dargestellt ist. In der schweizerischen Grundbuch
vermessung wird sowohl die Grenzbezeichnung im Gelande wie auch
die Grenzfestlegung in den Grundbuchplanen vorgenommen (ZGB
668). Es ist Vorschrift, dass das Grundstück vermessungstechnisch
erst aufgenommen werden darf, wenn die Grenzen unter Mitwirkung
der Grundeigentümer festgestellt und mit soliden Grenzzeichen, Mark-
steinen, Bolzen, Kreuzen vermarkt sind2). Es sind somit die Grenz-