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zeichen, nicht die Einfriedigungen, massgebend. Die Erfahrung lehrt
aber, dass Grenzzeichen im Gelande durch Naturkrafte oder unbefugte
Menschen in der Lage verandert werden können, wahrend die amt-
lichen Grundbuchplane mit der amtlichen Verwahrung vor solchen
Zugriffen geschützt werden können. Folglich wird bei Widersprüchen
zwischen der Grenzziehung im Gelande und im Grundbuchplan dem
Grundbuchplan der Vorzug gegeben (ZGB 668). Diese Ordnung ist
auch im Einklang mit den Regeln, dass die Grundbuchplane Bestand-
teile des Grundbuches sind (ZGB 942) und die Aufnahme und Be-
schreibung der einzelnen Grundstücke im Grundbuch auf Grund des
amtlichen Planes erfogt (ZGB 950).
2. Für den Schutz der Rechte, die an Grundstücken erworben wer
den, insbesondere des Eigentumsrechtes, ist auf einen weiteren Unter-
schied zwischen den beweglichen Sachen und den Grundstücken hinzu-
weisen. Bei den beweglichen Sachen reicht die tatsachliche Herrschaft
über den Gegenstand, der Besitz, in der Regel vollstandig aus, um dem
Eigentümer den nötigen Schutz seines Rechtes zu verschaffen (ZGB
930). Beim Grundeigentum, denken wir nur an die zerstreuten land-
und forstwirtschaftlichen Parzellen eines Eigentümers, kann die Herr
schaft über die Parzellen praktisch nicht auf die Art ausgeübt werden,
dass sie die nötige Garantie für die am Grundstück bestehenden Rechte
bietet. Für den Schutz des Eigentums und der andern dinglichen
Rechte sind vielmehr bei Grundstücken besondere Einrichtungen er-
forderlich, durch die der Rechtsbestand unzweideutig festgestellt wird
und die in der Hauptsache an die Stelle des Besitzes treten. Diesem
Zweck dienen die Bekanntmachungseinrichtungen des Sachenrechts,
im schweizerischen Zivilrecht im besonderen das Grundbuch (ZGB
937)-
3. Schliesslich besteht der soeben dargestellte Unterschied zwischen
beweglichen Sachen und Grundeigentum auch für den Rechtsverkehr.
Wahrend bewegliche Sachen ohne Schwierigkeit durch Besitzesüber-
tragung zu Eigentum oder zu Pfand gegeben werden können, fehlt
diese Möglichkeit sozusagen vollstandig bei den Grundstücken. Eine
Eigentumsübertragung oder ein Pfandrecht kann hier wiederum bloss
mit Hilfe eines künstlichen Ersatzes erkennbar und damit rechtlich
überhaupt möglich gemacht worden. Somit bedarf auch der Rechts
verkehr bei Grundstücken notwendigerweise einer solchen Einrich-
tung, wie wir sie im Grundbuch finden. Erst mit dem Eintrag ins
Grundbuch wird Eigentum übertragen (ZGB 656).
Überblickt man diese drei privatrechtlich bedeutsamen Besonder-
heiten des Grundeigentums, so lasst sich über die Auf gab e und den
Zweck der Grundbuchvermessung folgendes sagen. Die Vermarkung
ist ein gutes, die aus kunstgerechter Vermessung entstandenen Plane
sind das denkbar beste Mittel zur Individualisierung des Grundstückes
als Gegenstand des Rechtsverkehrs, zur Bestimmung der Substanz
dieses Objektes. Der Plan liefert die bestmögliche Beschreibung des
Grundstücks, wobei es, was der Vermessungsfachmann oft übersieht,
nicht auf die Flache, sondern auf den Verlauf der Grenzen ankommt.