FOTOGRAMMETWE KARTOGRAFIE
H. HARRY
Dipl. Ing. Dr. h. c. Eidgen. Vermessungsdirektor, Bern:
Vermessungstechnische Entwicklungen in der
schweizerischen Grundbuchvermessung
Vortrag, gehalten am 12. Juni 1953 vor der Nederlandse
Landmeetkundige Federatie in Wageningen.
Die Krafte der Lebewesen wachsen mit der Grosse der Aufgabcn,
die ihm gestellt sind. Die Grundbuchvermessung, die in unserem Land
im jahre 1910 beschlossen wurde, ist eine solch grosse Aufgabe, die
neue Krafte wachsen liess. Rückblickend darf heute festgestellt wer
den, dass die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches und
damit der gesetzlichen Pflicht zur Erstellung eines modernen Rechts-
katasters das entscheidende Ereignis war, das die Ausbildung der Ver-
messungsfachleute höher führte, dem Grundbuchgeometer eine höhere
Stellung und seiner Arbeit höhere Gesetze gab und das eine glückliche
Entwicklung des schweizerischen Vermessungswesens einleitete.
Der Beginn des eigentlichen Rechtskatasters über das ganze Land
rief vor allem der Schaffung einheitlicher geodatischer Grundlagen.
Vor 1912 hatte fast jeder Kanton für seine Kataster- oder Waldver-
messungen sein eigenes Projektions- und Koordinatensystem und seine
eigenen Höhengrundlagen. E)er Bund, d.h. das eidgenössische topogra-
phische Bureau, rechnete die Landestriangulation in der Bonne'schen
Projektion und erstellte auf dieser Grundlage auch die eidgenössischen
Kartenwerke. Mit einer gründlichen wissenschaftlichen Arbeit prüfte
1903 Ing. M. Rosenmund das für unser Land günstigste Projektions-
systern und empfahl die Einführung einer winkeltreuen, schiefachsigen
Zylinderprojektion Als Mittelpunkt des Projektionssystems wurde
das alte Meridianzentrum von Bern 46° 57') verwendet. Als
Grundkreis, bzw. Berührungskreis des Zylinders an die Kugel, wurde
der Grosskreis durch diesen Punkt senkrecht zum Meridian gewahlt.
In dieser Doppelprojektion werden die Messungen zuerst winkeltreu
vom Besselschen Erdellipsoid auf die Referenzkugel übertragen und
hernach nach den spharischen Formeln der winkeltreuen, schiefach
sigen Zylinderprojektion von der Kugel auf die Ebene. Die Langen-
vergrösserung maximal 19 cm auf 1 km im südlichsten Punkt des
Landes ist je nach dem Ort teilweise oder ganz durch die Reduk-
tion des Triangulationsnetzes auf den Meereshorizont ausgeglichen, so
dass die Differenzen zwischen einer direkt gemessenen und der ent-
sprechenden geodatisch auf Meereshorizont gerechneten Lange für
1) Rosenmund, Ing. Max: Die Anderung des Projektionssystemes der schwei
zerischen Landesvennessung. Bern 1903.