Een gezaghebbende stem is die van de Duitser, Prof. dr. J. Schnetz (30): In een radiovoordracht over het ontstaan van de nieuwe kaarten drukte de directeur van de topografische dienst van Zwitserland op 1 augustus 1954 zich als volgt uit (31) 283 Les lieux-dits ou noms de terroir sont fournis par le cadastre, qui ne date guère que du début du XlXe siècle, et n'offrent done qu'une tradition assez récente. Bien que tardifs et souvent déformés, ils con stituent cependant, quand on en a rétabli la forme exacte, des docu ments importants pour l'histoire du village, le folklore ou la dialectologie. Die Flurnamenkunde ist eine junge Wissenschaft. Ursprünglich beschrankte man sich darauf, die Namen zu deuten, und glaubte damit alles Nötige getan zu haben. Es war nur eine Konsequenz dieses Standpunktes, wenn man in der Flurnamenforschung im wesentlichen bloss einen Zweig der Sprachwissenschaft sah. Nun kann man aller- dings bei der Beschaftigung mit diesen Namen linguistischer Kenntnisse nicht entraten, sowie andererseits aus ihnen mancher Einblick in frühere Zustande einer Mundart, in die lautliche und morphologische Entwicklung der Wörter und eine erfreuliche Bereicherung unseres lexikographischen Wissens hervorgehen kann. Aber damit ist Umfang und Zweck der Forschung noch lange nicht abgeschlossen. Denn man darf sich nicht damit begnügen, die Namen nur nach ihrer formalen Seite zu betrachten, sondern muss vor allem auch ihren realen Inhalt ins Auge fassen. Und welcher Reichtum von Besonderheiten tritt dem forschenden Geiste, in dieser Hinsicht entgegen! Schon die reinen Naturnamen machen uns mit interessanten Tat- sachen bekannt, insofern sie uns über geographische Veranderungen und über die ehemalige Tier- und Pflanzenwelt belehren. Geradezu verwirrend aber wird die Fülle von Fragestellungen und Aufschlüssen, wenn wir diejenigen Namen studieren, die irgend eine Beziehung zum Menschcn, sein Handeln und Denken, in sich schliessen. Denn Ein- wanderung und Niederlassung einzelner Gruppen und ganzer Stamme, die Form des völkischen Bildes, kult.uelle Zusammenhange, politische Ereignisse, der wirtschaftlichc Betrieb, einstige soziale und rechtliche Verhaltnisse, das Denken und Fühlen des Volkes in seinen verschiedenen Schichten, sein Glaube und Aberglaube, sein Brauchtum, Scherz und Ernst, Spiel und Arbeit: alles hat einen Niederschlag in den Flurnamen gefunden. Und deswegen ist die Flurnamenkunde keine isolierte Wissen schaft; sie ist verkettet mit einer ganzen Zahl anderer Disziplinen; Brücken von ihr führen hinüber zur Prahistorie, zur politischen Ge- schichte, zur Siedlungs-, Kultur-, Rechts-, Wirtschafts-, Verkehrsge- schichte, zur Volkskunde, zur Psychologie. Ich könnte sie daher nicht besser definieren als mit dem von dem ehemaligen Rektor der Münchner Universitat K. L. Escherich in anderen Zusammenhang ge- pragten Ausdruck: ,,Brückenwissenschaft". Die Benennung der Siedlungen und Fluren und anderer Teile des Gelandes war zu allen Zeiten ein Bedürfnis der engern und weitern menschlichen Gemeinschaft. Die Namen waren ursprünglich klar, ver- standlichen Sinnes. Durch lautliche Vorgange und Verluste an allgemeinem Wortgut sind sie im Laufe der Zeit vielfach dem Verstandnis entrückt worden. Dem, der sie met dem nötigen Wissen zu werten und deuten versteht, geben sie in mancher Sicht Aufschluss über das wirtschaftliche und geistige Leben in alten Zeiten. Sie sagen aus über die Nutzung des Bodens, über die Einteilung der Felder, über Gewerbe, Verkehr, Be- sitztum und andere Rechtsverhaltnisse, über das Walten der Natur. Sie können auch frühgeschichtliche Vorgange aufhellen, wo urkund-

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Tijdschrift voor Kadaster en Landmeetkunde (KenL) | 1957 | | pagina 13