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den Einheimischen ohne weiteres verstanden werden. Damit wird die irrtums-
freie Orientierung und Verstandigung über Orte am ehesten gewahrleistet.
2. Für die Festlegungder Schreibweise ist von der ortsüblichen Sprech-
form, nicht von der Etymologie oder einer herkömmlichen Schreibung aus-
zugehenRückbildungen abgeschliffener und verdunkelter Formen sowie an
dere Konstruktionen sind abzulehnen. Man schreibe deshalb Hostel, wo so
gesprochen wird, nicht Hofstatt. Nicht volkstümliche Zusammensetzungen
und unnötige Beifügungen, wie Blackialp oder Alp Blacki, Juchhof, wo bloss
Blacki, Juch gesprochen wird, sind zu vermeiden. Bei verschiedenen Sprech-
formen ein und desselben Namens ist die bodenstandigere, in Zweifelsfallen
und wo zweckmassig die weiter verbreitete fiir die Schreibweise massgebend.
3. In der schriftsprachlichen Form sind in der Regel zu belassen:
a. allgemein vertraute, haufig vorkommende Namenwörter, die in gleicher
Form auch schweizerdeutsch sind, z.B. Berg, Feld, Weg, Grat (nicht Bcirg,
Fald, Wag, Grot);
b. Prapositionen und haufig gebrauchte Adjektive, insbesondere in Ver-
bindung mit schriftsprachlichen Wörtern, z.B. Bei, Auf; Unterer, Oberer
Staf el; Kleine Allmend.
4. Durch die Bewahrung typisch und allgemein sch weizerischer
Lautungen und die Berücksichtigung von mundartlichen Besonderheiten,
die grössere Gebiete umfassen, ist eine der Eigenart des deutschschweizeri-
schen Namengutes angemessene Schreibweise anzustreben. Vor allem sollen,
von den in Grundsatz 3 erwÈihnten Wörtern abgesehen, die für das Ge-
samtschweizerdeutsche charakteristischen Lauterscheinungen
zum Ausdruck kommen (Spieker, Hus, Hüser, Guet, Büel, Chalchegg).
Die Kantone regeln im Rahmen der vorliegenden Grundsatze die Berück
sichtigung oder Nichtberücksichtigung von sprachlichen Sonderentwicklun-
gen, die ihr Gebiet betreffen (Bundesratsbeschluss vom 22. Februar 1938, Ar
tikel 4 und 5). Schwer lesbare Formen sind nach Grundsatz 1 zu vermeiden.
5. Namen, deren urspriinglicher Sinn dunkel oder nicht allgemein bekannt
ist, sind möglichst so zu schreiben, wie sie gesprochen werden, z.B. Horbach,
Rodhof, wo diese Formen der Mundart entsprechen, nicht Haarbach, Radhof
(falsche Sinndeutung).
6. Zwitterformen (konstruierte und dem Sprachgefühl widerstrebende
Bildungen) und Widersprüche sind zu vermeiden, insbesondere
a. die Verbindung eines nach Grundsatz 3 b zulassigen schriftsprachlichen
Wortes mit einem Namen in typisch mundartlicher Form. Man schreibe
deshalb Uf der Mur (nicht Auf der Mur), dagegen Auf den Backen (nicht
Uf den Backen);
b. soweit angebracht, Wortformen, die einen von der lokalen Mundart ab-
weichenden und einen typisch mundartlichen Lautstand in sich vereinigen,
wie z.B. Schnegg mit e und mundartlichem gg, wo Schnagg gesprochen wird.
7. Mundartformen von bekannten Ortsnamen (auch Familiennamen),
deren Schreibform festgesetzt ist und welche in Lokalnamen enthalten sind,
sollen bewahrt werden: Ifleracker IfwilBüliberg (Biilach), Honeriholz
(Hohenrain), Rüssmatt (Reuss), Rifeld (Rhein), Nüchemerfeld (Neukomm).
8. Für die Schreibung der Namen dient das gewöhnliche Alphabet der
schweizerischen Schulschrift (das Scharf-s ist als ss zu schreiben). Statt der
Umlaute Ae, Oe, Ue verwende man die einfachen Zeichen A, und man
unterscheide zwischen I (Vokal) und J (Konsonant).
Für die praktische Durchführung der Grundsatze sind die Schreibregeln
wegleitend. Diese können in kantonalen Vorschriften erganzt werden (Bun
desratsbeschluss vom 22. Februar 1938, Artikel 4 und 5).
Schreibregeln
lm folgenden werden die wichtigsten Lauterscheinungen schweizerdeut-
scher Mundarten anhand von Namenbeispielen zusammengestellt (Übersicht
am Schluss). Diese gelten als Wegleitung für die Behandlung ahnlich
gearteter Namen.