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Aneinanderliegende Hauser, die jedes einen eigenen Eingang
hatten, bildeten je eine Parzelle. Das Stockwerkeigentum, die
Kellergeschosse usw. waren besondern Vorschriften unterworfen.
So bildete ein Haus, das in verschiedenen Stockwerken verkauft
worden war, nur eine Parzelle, wobei j edoch die Flache nur unter
dem Namen des Besitzers des Erdgeschosses eingetragen wurde,
wahrend die andern Stockwerke nur mit dem Reinertrag in dem
Tableau figurierten.
So interessant und wichtig all diese Bestimmungen waren, so
wichtig waren auch die Angaben über die Eintragtmg der richtigen
Eigentümer der verschiedenen Parzellen mit Namen, Vornamen,
Stand und Wohnort.
Um diese zu ermitteln und den Verlauf der Grenzen der ver
schiedenen Parzellen zu kennen, wurden die Eigentümer eingeladen,
dem Geometer an Ort und Stelle bei der Vornahme der Vermessung
genaue Angaben zu liefern. Die Interessenten leisteten jedoch nur
schwer dieser Einladung Folge und der Geometer musste schon
alle seine Überredungskunst an wenden, um sie von dem Nutzen
dieser Massnahme und den daraus für sie erwachsenden Vorteilen
zu überzeugen.
Sofort nach der Aufnahme eines bestimmten Teiles einer Gewanne,
gab der Geometer den Parzellen eine provisorische Nummer auf
dem Plan und notierte in ein eigens hierzu angefertigtes Register,
in welchem die Kolonnen des „Tableau indicatif" reproduziert
waren, die Nummern, der Parzellen sowie Namen, Stand und Wohn
ort der Eigentümer und die Kulturarten. Die Bestimmung über die
Parzellarvermessung selbst trug dem Eigentnmsrecht, der rechtlichen
Anerkennung der Grenzen und deren V ermarkung gar keine Rechnung.
Die Eigentümer wurden einzig und allein herangezogen, um Angaben
iiber den Besitz der Parzellen zu liefern und nicht um die Grenzen
anzuerkennen. Der bedeutsame Artikel 175 des Recueil méthodique,
der die Grundlage der ganzen Parzellarvermessung bildet sieht vor,
dass die Aufnahme der Parzellen zu geschehen hat, nach dem Besitz
resp. Genuss im Augenblick der Vermessung.
Es ist selbstverstandlich, dass eine solche Bestimmung, alle in
das Kataster gesetzten Erwartungen über den H auf en warf. Die
Grenzen zwischen den einzelnen Parzellen wurden weder im Bei-
sein und im Einverstandnis der Eigentümer festgestellt noch ver
markt, sodass das Kataster gar keinen Anspruch auf Rechtskraft
erheben konnte. Da die Parteien meistens nicht anwesend waren,
musste der Geometer sich auf die Angaben der sog. „Indicateurs"
verlassen, die oft den Verlauf der Grenzen nicht genau kannten.
Die vorhandenen Grenzsteine wurden aufgemessen wenn sie sicht-
bar waren, wenn nicht wurden sie ausgelassen. Die Vermessung
selbst geschah meistenteils mit dem Messtisch.
Bei Streitigkeiten über den Verlauf der Grenzen versuchte der
Geometer auf gütlichem Wege eine Vereinbarung zu erzielen; wenn
dies nicht möglich war, trug er die strittigen Grenzen mit einer