FO TOGRAMMETRIE
Prof. Dr.-Ing. GERHARD LEHMANN,
Die Verwendung der Photogrammetrie im Kataster
und in der Flurbereinigung in der Bundesrepublik
Deutschland
Das Thema meines Vortrages macht es notwendig, dass ich zu-
nachst die Geschichte, den Charakter und den Inhalt des Katasters
in Deutschland kurz umreisse. Dieser Überblick ist für das rechte
Verstandnis der Stellung der Photogrammetrie auf dem Gebiet der
Katastermessungen im weitesten Sinne ebenso unerlasslich wie ein
Hinweis auf den staatspolitischen Aufbau Deutschlands. Die Bun
desrepublik Deutschland ist ein Bundesstaat ebenso wie es das
Deutsche Reich bis zum Jahre 1933 war. Fiir das Vermessungswesen
sind und waren grundsatzlich allein die Regierungen der Bundes
lander zustandig. Zwischenzeitlich bestimmte zwar das Reichs-
gesetz iiber die Neuordnung des Vermessungswesens vom 3. Juli
1934: „Das Vermessungswesen ist Reichsangelegenheit. Es wird
vom Reichsminister des Innern geleitet." Tatsachlich hat sich dieses
Gesetz j edoch auf den Gebieten des Katasters und der Flurberei
nigung für die in meinem Vortrag zu behandelnden Fragen bis
1945 nicht ausgewirkt. Nach 1945 sind dann noch an die Stelle des
Landes Preussen, das den weitaus grössten Teil Norddeutschlands
bis zum Main umfasste, die Bundeslander Schleswig-Holstein,
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie Teile der Lander
Rheinland-Pfalz und Hessen getreten. Die neuen Bundeslander
haben ebenso wie die alten die ihnen für das Vermessungswesen
gegebenen Zustandigkeiten ausgenutzt. Man bemüht sich heute
zwar, durch rein fachliche Arbeitsgemeinschaften eine gewisse
Einheitlichkeit im Bundesgebiet herzustellen oder zu wahren. So
bestehen für den Bereich des Katasters und der Landesvermessung
die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen und für
den Bereich der Flurbereinigung die Arbeitsgemeinschaft für das
technische Verfahren der Flurbereinigung. Diese Gremien leisten
eine hervorragende Arbeit; sie haben z.B. die Einheitlichkeit der
Landesvermessung, d.h. der grundlegenden Lage- und Höhenfest-
punktfelder und der topographischen Landeskartenwerke, wesent-
lich gefördert oder erhalten, aber sie haben keine anordnenden
Befugnisse. So gibt es für den Bereich des Katasters z.Zt. weder
für die ganze Bundesrepublik einheitliche Katasteranweisungen
und Fehlergrenzen noch eine völlig gleichartige Auffassung über
die für Katastermessungen und Katasterkarten erforderliche Ge-
nauigkeit noch einen allseits anerkannten Standpunkt über Art
Institut fiir Photogrammetrie unci Ingenieurvermessungen der Technischen
Hochschule, Hannover: