3- Als möglicher Anwendungsbereich der Photogrammetrie ist
praktisch der gesamte unbewaldete Grundbesitz mit Ausnahme
der besonders hochwertigen, engbebauten stadtischen Grund-
stücke anerkannt. Tatsachlich werden, falls man überhaupt von
der Photogrammetrie Gebrauch macht, geschlossene Ortslagen
innerhalb landwirtschaftlicher Neumessungsgebiete und die
Eigentumsgrenzen stadtischer Grundstücke, soweit sie durch die
Fundamente von Gebauden gegeben sind, so gut wie ausnahms-
los terrestrisch vermessen. Dieses Verfahren ist m.E. teils aus
rechtlichen, teils aus wirtschaftlichen Gründen wohl begründet
und richtig. Ebenso wohlbegründet und zweckmassig ist es aber,
dass eine Reihe deutscher Grossstadte heute die Photogrammetrie
zur Fortführung ihrer Stadtkartenwerke ii ooo hinsichtlich
der Gebaude und aller der Anlagen verwendet, die für eine
Stadtkarte von Bedeutung sind. Ausgenommen davon ist ledig-
lich die eigentliche City der Grossstadte.
4. Entscheidend für die Anwendung der Photogrammetrie in
Deutschland in der Praxis ist in erster Linie die Ansicht über ihre
Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu terrestrischen Aufnahme-
verfahrenin zweiter Linie ist die Meinung über die Genauigkeit
der Photogrammetrie für ihren tatsachlichen Einsatz mass-
gebend. Ich beginne mit der Genauigkeit, weil man hier noch
von einer wenigstens halbwegs allgemeingültigen Auffassung
sprechen kann.
Wie ich eingangs schon betont habe, gibt es keine einheitlichen,
in ganz Deutschland verbindlichen Fehlergrenzen für Kataster-
messungen. Als einigermassen reprasentativ für die Genauigkeits-
anforderungen, die im allgemeinen an Katasterneumessungen ge-
stellt werden, kann man aber die Fehlergrenzen ansehen, die der
frühere Beirat für das deutsche Vermessungswesen um das Jahr 1930
für Streckenmessungen vorgeschlagen hat. Die Fehlergrenzen sind
nach den 3 Klassen günstige, mittlere und ungünstige Verhalt-
nisse unterteilt. Für die Gelandeklasse II mittlere Verhalt-
nisse ist die grösste zulassige Abweichung zwischen den Ergeb-
nissen zweier Streckenmessungen durch die Formel gegeben
d, 0,010 fs 0,0004 s 0,05; bei s 100 m: dt 0,19 m.
Die Beiratsfehlergrenzen sind zu einer Zeit vorgeschlagen worden,
als Neumessungen in Deutschland so gut wie ausschliesslich nach
der Orthogonalmethode durchgeführt wurden. Darüber, ob diese
Fehlergrenzen durch die damalige Messungsmethode bestimmt sind
und eben in erster Linie die Genauigkeit wiedergeben sollen,
die bei sorgfaltiger Arbeit nach dieser Methode unschwer erreichbar
ist, oder ob sie diej enige Genauigkeit festlegen sollen, die zur Siche-
rung des Grundeseigentums für ein Eigentumskataster notwendig
ist, gehen die Auffassungen auseinander. Ich will diese Frage hier
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