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Ich fing nun an eine Maschine zu konstruieren, die sich rein
wissenschaftlich mit meinen speziellen Problemen befassen sollte.
Meine erste Maschine war rein mechanischer Natur. Aus technischen
Gründen, der Aufwand an Bauteilen wie z.B. Röhren, Relais und
Transistoren war zu gross, ging ich bald auf die Relaisbauweise
iiber, da sich das Relais als das ideale Bauelement herausstellte.
Parallellaufend zu meinen Arbeiten hat mein Freund Dr. Schreyer
völlig unabhangig an einer Maschine gearbeitet, die die gleichen
Aufgaben elektronisch lösen sollte. Ausser einem kleinen Versuchs-
modell, welches im Kriege gebaut wurde und dann verloren ging,
wurde keine weitere Maschine dieser Art gebaut.
Weitere Verdienste auf dem Gebiet der elektronischen Rechner
kommen Dr. Dirks zu, der wahrend des Krieges elektronische
Bauelemente entwickelte und Bedeutendes für den in der heutigen
Zeit zu grosser Bedeutung gelangten Magnetspeicher getan hat.
Die genannten Herren arbeiteten unabhangig von einander; es
bestanden keinerlei Verbindungen und erst im Jahre 1944 kam es
zu einem ersten Gedankenaustausch.
Nun möchte ich einmal auf das Schema und auf die Aufgaben
der Programmsteuerung eingehen. Ich kann annehmen, dass viele
von Ihnen noch nie etwas mit dieser Materie zu tun hatten, sodass
ich Sie zu Beginn mit den Grundlagen vertraut machen möchte. Ich
sagte Ihnen schon, dass bei der Programmsteuerung Rechenopera-
tionen elementarster Art hintereinander nach einem festen Plan
durchgeführt werden. Wir benötigen zunachst einen Kern, d.h. ein
Rechenwerk, welches im Prinzip der Vier-Spezies-Maschine ent-
spricht, mit der man mittels eines Knopfdruckes verschiedene
Rechnungen durchführen konnte. Es war ausserdem ein Einstell-
werk erforderlich, welches beide Operanden aufnehmen konnte.
Einen weiteren Teil bildete das Ablesewerk, mit Hilfe dessen die
Resultate abgelesen werden konnten.
Bis zu diesem Punkt ist die Maschine aber noch nicht imstande
ein Programm durchzurechnen. Hierzu brauche ich ein Speicher-
werk, in das ich eine ganze Reihe von Werten bringen kann, die dort
solange bleiben bis sie zur Durchführung der Operation herange-
zogen werden. Dieses Speicherwerk ist selbst für unser Beispiel mit
dem Pythagoras notwendig. Hierbei kann ich zunachst a qua-
drieren, muss das Resultat dann aber irgendwo speichem können.
Das Gleiche geschieht mit b. Sie sehen, dass mit der Grosse der
durchzuführenden Rechnung gleichzeitig die Möglichkeit der
Speicherung zunehmen muss.
Ihnen ist vielleicht bekannt, dass die modernen Rechenmaschi-
nen mit tausenden solcher Speicherplatze versehen sind, die dann
gleichzeitig eine Voraussetzung für die Leistungsfahigkeit eines
Rechners sind. Bereits Babbage hatte im vorigen Jahrhundert den
Plan gefasst, eine Rechenanlage mit tausenden von Speichern zu
konstruieren, die je Speicherzelle 50 kleine Dezimalradchen ent
halten sollten.